Neuigkeiten – 28.04.2011

Die Leser meiner website wissen, dass ich schon vor einigen Tagen in Libyen war, um fuer eine aktuelle Dokumentation zu filmen. Ich bin jetzt noch einmal zurueckgekehrt, um die letzten Aufnahmen abzudrehen. Dass sich die politische Lage so entwickeln wuerde, wie sie sich jetzt darstellt, war nicht absehbar, als ich den Film geplant habe. Ich wollte die Arbeiten aber nicht abbrechen, sondern meinen Aufenthalt nutzen, um zu filmen und um meine persoenlichen Eindruecke unverstellt zu schildern.

Ich befinde mich zurzeit in Tripolis. Ich kenne die Stadt von frueheren Aufenthalten und kann daher die Veraenderungen der letzten Zeit nachempfinden. Die Atmosphaere ist gepraegt von unterschiedlichen Geschehnissen, Bildern und Gefuehlen. Angesichts der Bombardierungen in den vergangenen Tagen herrscht immer noch weitgehende Normalitaet. Die Geschaefte sind geoeffnet und – soweit ich das feststellen konnte – gut gefuellt.

Unuebersehbar sind aber die Autoschlangen vor den Tankstellen, die inzwischen oft mehrere Hundert Meter lang sind. Tagsueber ist es schon heiss und die Menschen muessen stundenlang in der Hitze ausharren, um einen Kanister Benzin zu bekommen. Die Kapazitaeten der Raffinerien reichen nicht aus, um genuegend Benzin zu erzeugen. Tankschiffe, die zusaetzliches Benzin bringen sollen, werden nach Aussagen meiner Gespraechspartner am Einlaufen gehindert. Bei den Menschen, die an den Tankstellen anstehen, handelt es sich aus meiner Sicht ausnahmslos um Zivilisten; darunter viele alte Menschen und Kinder. Inwieweit die UN/Resolution derartige Beschneidungen des Zivillebens rechtfertigt, kann ich nicht beurteilen.

Das Internet ist frei nutzbar: es gibt keinerlei inhaltliche Beschneidung. In einem Fernseher in der Lobby meines Hotels laeuft den ganzen Tag CNN. Auf meinem Zimmer kann ich alle wichtigen Fernsehsendern, darunter auch das ZDF empfangen.

In der Nacht gab es keine wahrnehmbaren Einschlaege oder Abwehrfeuer. Die Millionenstadt Tripolis mit ihren zahlreichen neuen Gebaeuden, modernen Hotels und gruenen Parks wirkt wie im tiefen Frieden. Nur der Verkehr auf den breiten Strassen ist wesentlich geringer als in frueheren Jahren und ich habe auch den Eindruck, dass sich weniger Menschen auf den Plaetzen, in den Cafes und in den Einkaufsstrassen aufhalten. Nachvollziehbar, wenn man sich die Lage verdeutlicht, in der sich das Land und die Menschen augenblicklich befinden.

Sobald man erkennt, dass ich aus Deutschland stamme, beginnen die Diskussionen. Meine Gespraechspartner – gestern Abend beispielsweise eine etwa 20 jaehrige Studentin, die ich zufaellig in einem Fotoladen traf – zeigen sich erstaunlich gut informiert. Einig scheinen sich alle darin, dass der Krieg so schnell wie moeglich beendet werden muss, um die Probleme auf der Gespraechsebene zu loesen. Man setzt dabei stark auf Deutschland, das man allgemein als „ehrlichen Makler“ empfindet.

Berichten moechte ich auch von einigen Eindruecken, die ich auf der etwa fuenfstuendigen Autofahrt von Tunesien nach Tripolis gewonnen habe. Etwa zehn Kilometer vor der libyschen Grenze beginnen beiderseits der Strasse riesige Auffanglager fuer Fluechtlinge. Zehntausende, die seit Wochen in schnell errichteten Zeltstaedten kampieren. Unter vorgehaltener Hand wird berichtet, dass viele dieser Menschen auf eine Moeglichkeit warten, ueber das Mittelmeer nach Europa zu gelangen. Aus der Sicht der Betroffenen ist dieser Wunsch durchaus nachvollziehbar.

Sollten sich aber infolge der anhaltenden Instabilitaet in Nordafrika die Schleusen nach Europa weiter oeffnen, so sind die Bilder, die wir in den letzten Tagen von der italienischen Insel Lampedus gesehen haben, nur ein Vorgeschmack, auf das, was Europa in den kommenden Monaten erwartet. 

Nachhaltig geholfen werden kann diesen Menschen nur im eigenen Land; allein unter diesem humanitaeren Aspekt ist Europa gut beraten, moeglichst schnell den Weg diplomatischer Loesungen zu beschreiten.

Mit besten Gruessen

Karl Hoeffkes

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