Den folgenden Text habe ich auf Facebook gefunden und da ich mich vom Inhalt angesprochen fühle, stelle ich ihn mit Erlaubnis des Autors hier ein.
Vom Umgang mit der Geschichte oder Eva Brauns Uhr an Merkels Arm?
Letzte Woche auf dem Spiegel-Cover: Eine brilliantbesetzte Armbanduhr der Pforzheimer Manufaktur Eszeha. Geburtstagsgeschenk Hitlers an seine Geliebte Eva Braun aus dem Jahr 1939. Beschlagnahmt 1945 von den Alliierten und später in den Besitz des Freistaats Bayern übergegangen. So wie zahlreiche weitere eingezogene Pretiosen, Antiquitäten und Kunstwerke aus dem Besi…tz ehemaliger NS-Größen, darunter auch ein Teppich des Reichsmarschalls Hermann Göring.
Dass sich einzelne Stücke aus dem Nachlass etwa Eva Brauns in bayerischen Museen und Archiven befinden ist seit Jahrzehnten bekannt und publiziert. Im Fall der Armbanduhr oder des Teppichs, der für Göring in Indien angefertigt wurde, ist auch mit Sicherheit auszuschließen, dass es sich um Raubkunst handelt. Was soll man also mit den Sachen machen? Verkaufen? Damit den florierenden Devotionalienhandel mit NS-Memorabilia befeuern? Schlecht. Besser: Aufbewahren und wo möglich einer Nutzung zuführen. Wie etwa den Teppich, der seit Jahrzehnten im Kabinettsaal des Palais Schaumburg, dem zweiten Dienstsitz des Bundeskanzleramts in Bonn, auf dem Boden liegt.
Informationsgehalt also bei Null! Dafür großes Entertainment. Auf geht’s in die NS-Geisterbahn. So was geht natürlich nicht ohne den kalkulierten Skandal als Feigenblatt für die Spekulation auf unsere niederen Instinkte. Im Spiegel wird aus Eva Brauns Armbanduhr „ein besonders makaberes Kapitel der sogenannten Wiedergutmachung durch die Bundesrepublik“. Die Verantwortlichen sind ausgemacht: Adenauer, Kiesinger, sogar Brandt, Schmidt, Kohl, Schröder und Merkel – im Artikel alle tatsächlich namentlich aufgezählt. Haben die Kanzler der Republik samt und sonders versagt, weil sie die Uhr nicht an die rechtmäßige Besitzerin zurückgegeben haben? Oder konnte etwa Merkel der Versuchung nicht widerstehen? Trägt sie jetzt die Armbanduhr von Eva Braun? Nein, bei genauerem Hinsehen wird klar, die Kanzlerin trägt eine „Boccia Titanium“, im Wert von 89 Euro übrigens.
Kommt einem alles irgendwie bekannt vor; genau, sind die gleichen Mechanismen wie bei Brüderle, den der Stern in derselben Woche in die Pfanne gehauen hat. Der Auflagenschwund drückt. Den Stern ähnlich wie den Spiegel; 3,57 % weniger verkaufte Exemplare im vierten Quartal 2012. Beim Nachrichtenmagazin aus Hamburg kommt in diesem Fall schlampige Recherche dazu. In seinem reichlich konfusen Artikel macht der Spiegeljournalist Steffen Winter ein weiteres Fass auf. Der Vorwurf: Hunderte, ja tausende von den Nazis geraubte Kunstwerke harren bis heute der Rückgabe an ihre rechtmäßigen Besitzer. Soweit bekannt. Winter glaubt die Schuldigen zu kennen: Die Museen, die die Aufklärung auf die lange Bank schöben. Liest sich gut, ist aber frei erfunden. Mit Recht hat der deutsche Museumsbund gemeinsam mit dem International Council of Museums in einem Leserbrief sofort gegen das Wintermärchen protestiert, und darauf hingewiesen, dass im vergangenen Jahrzehnt in allen deutschen Museen „gewaltige Anstrengungen unternommen worden [sind], die Herkunft von Museumsobjekten zu klären und mögliche rechtliche Eigentümer ausfindig zu machen“. Das bedeutet nicht, dass es keine offenen Probleme mehr gäbe; eine Diskussion über den Umgang der Museen, Privatsammler und Kunsthändler mit „Raubkunst“ ist überfällig. Wer aber wie der Spiegel hierbei auf Unterhaltung statt Aufklärung setzt, trägt nichts zur Debatte über dieses hochsensible Thema bei.
„Keine Wende zum Würdigen“ steht in dem Artikel als Zwischenüberschrift. Winter meint damit das vermeintliche Versäumnis der Museen, die geraubte Kunst auszukehren; ich frage mich, ob es würdiger ist, am Jahrestag des elendsten Ereignisses deutscher Geschichte mit der Armbanduhr von Eva Braun auf dem Titel aufzumachen, um die Auflage zu steigern? Der ganz große Skandal ist ausgeblieben, da kamen die Kollegen vom Stern dem Spiegel zuvor. Aber ein kleiner Triumph konnte nun doch noch vermeldet werden: Görings Teppich kommt weg, meldet die Bundesregierung. Und vielleicht räumen sie ja demnächst auch die Gebäude der Bundesministerien für Finanzen und Arbeit und Soziales. Die befinden sich nämlich im ehemaligen Reichsluftfahrtministerium und im ehemaligen Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda. In jedem Fall rate ich aber dringend vom Genuss der Apfelsorte Cox Orange ab. Mindestens der Bundestag sollte den ganz schnell aus dem Angebot seiner Kantinen nehmen. Ein Beweisfoto, etwa von Volker Kauder, wie er in einen Apfel der Sorte Cox Orange beißt, könnte unabsehbare Folgen haben. Hitlers Köchin erzählte mir nämlich bei einem Interview, dass das Hitlers Lieblingsapfel war und es ist eigentlich nur eine Frage der Zeit, bis die das beim Spiegel auch rauskriegen und der Apfel auf dem Titel landet.