Vor 90 Jahren, am 28. März 1919 – viereinhalb Monate nach Kriegsende – lief nach drei Jahren britischer Seeblockade das erste Schiff mit Lebensmitteln in einen deutschen Hafen ein. Was die Geschichtsschreibung heute weitgehend verdrängt, war für die deutsche Zivilbevölkerung eine Tragödie. Um die moralische Kriegsbereitschaft der deutschen Seite zu unterminieren, hatten die Briten ab 1916 eine Seeblockade in der Nordsee errichtet, die dazu führte, dass selbst neutralen Schiffen die Lieferung von Lebensmitteln nach Deutschland unmöglich war. In Deutschland herrschte ab dem Winter 1916 („Steckrübenwinter) in weiten Teilen der Bevölkerung Hunger.
Dass diese Blockade auch weitergehenden strategischen Zielen diente, zeigte sich, als sie nach dem Waffenstillstand vom 11. November 1918 bestehen blieb. Die Alliierten begründeten ihre Entscheidung mit dem Hinweis, dass es sich nur um einen Waffenstillstand und nicht um einen Friedensvertrag handelte und man den Deutschen keine Gelegenheit geben wolle, sich militärisch zu restrukturieren. Ein offensichtlicher Vorwand; tatsächlich hielten die Siegermächte die Hungerblockade aufrecht, um Deutschland später ihre Friedensbedingungen aufzwingen zu können.
Das von Gunnar Heinsohn herausgegebene „Lexikon der Völkermorde“ vermerkt dazu: „Weil die Lebensmittelblockade der Alliierten ungemein effektiv funktionierte, starben etwa eine Million Zivilisten in Deutschland und Österreich an Unterernährung“. Unter den Opfern waren vor allem Kinder und Frauen. Wie viele von ihnen der weitergeführten Hungerblockade nach Kriegsende zum Opfer fielen, ist heute nicht mehr exakt feststellbar. Unbestreitbar ist aber, dass die Verlängerung der Seeblockade durch die Alliierten das Leid der deutschen Zivilbevölkerung monatelang grundlos verlängerte.
Kolleginnen und Kollegen, die sich mit diesem Thema beschäftigen wollen, können wir ausreichend Filmmaterial aus dem Jahr 1919 zur Verfügung stellen.