Unter dem Motto „Wien tanzt“ fand im Februar 1939 in der österreichischen Hauptstadt der erste Faschingsumzug nach dem „Anschluss“ an das Deutsche Reich statt. Drei Wochen lang prägten Bälle und karnevalistische Veranstaltungen das Geschehen. Den Höhepunkt des „ersten echten Volksfaschings“ (so die NS-Propaganda) bildete der „Große Wiener Karnevalszug“ am Faschingssonntag, den eine Arbeitsgemeinschaft aus 30 Malern, Bildhauern und Bühnenkünstlern der Akademie und Angehörigen des Bundes deutscher Mädel und der Hitlerjugend unter Führung der NS-Gemeinschaft „Kraft durch Freude“ künstlerisch gestaltete. Für ihn wurde die gesamte Wiener Innenstadt geschmückt. Entlang des sechs Kilometer langen Umzugsweges – ausgehend vom Heldenplatz – wurden zahlreiche Zuschauertribünen errichtet, Häuser mit Flaggen geschmückt. 29 Karnevalswagen, zwei Dutzend kostümierte Musikkapellen und hunderte Karnevalisten zogen am 19. Februar vor Tausenden Schaulustigen durch die Wiener Innenstadt.
Ein Umzug, der unmissverständlich auch den „neuen Geist“ im Großdeutschen Reich widerspiegelte: Politiker des Ständestaats wurden verspottet, jüdische Musiker, Maler und Schriftsteller als „entartete Künstler“ dargestellt.
Bislang sind nur schwarz-weiß Fotos dieses Umzuges bekannt, den der „Völkische Beobachter“ im Vorfeld mit folgenden Worten kommentierte: „Wien kann heuer endlich unter Beweis stellen, wie ein Fasching der Volksgemeinschaft aussieht, der, nicht mehr durch fremdrassige Eindringlinge getrübt, einzig und allein der deutschen Volksgemeinschaft gehört und von ihr so froh und ungezwungen gefeiert werden kann wie dies im Altreich schon seit so vielen Jahren der Fall ist.“
Ein aktuell für unser Archiv erworbener 12 Minuten langer 16-mm Kodak-Film zeigt zum ersten Mal den „Großen Wiener Karnevalumzug“ in Farbe. Auszüge daraus sehen Sie hier: