Neuigkeiten aus dem Archiv – 16.02.2014

Im Mai 2012 erschien unter unserem Label „Augenblick Produktion“ der Dokumentarfilm „Memphis Belle – Die Wahrheit des Luftkrieges“ des Bremer Historikers Hermann Pölking.

Jan Bachmann in der Berliner Zeitung vom 09. August 2012 über einen Versuch, den Film „Memphis Belle“ des Hollywood-Regisseurs William Wyler zu ergänzen:

„Die Deutschen haben an ihrer Geschichte schwer zu tragen. Wann immer sie die Last einmal absetzen wollen, ertönt der mahnende Sicherheitshinweis: „Bitte lassen Sie Ihr Gepäck nicht unbeaufsichtigt“. So wurde vor neun Jahren beispielsweise viel Häme und Abscheu laut, als Jörg Friedrich sein umstrittenes Buch „Der Brand“ über die Folgen des Luftkriegs für Deutschland in den Jahren 1940 bis 1945 veröffentlichte:
Jetzt würden die Deutschen ihre Wunden lecken und sich in Selbstmitleid üben, von ihren eigenen Verbrechen ablenken und mit dem Finger auf englische und US-amerikanische Bomber zeigen, die doch nur die Antwort auf das waren, was zuvor deutsche Bomber in England angerichtet hatten hieß es. Aber was sollen die Weltkriegsüberlebenden unter den Deutschen tun? Ignorieren sie ihre Schmerzen und Verluste, so wirft man ihnen eine „Unfähigkeit zu trauern“ vor; stellen sie sich dieser komplizierten Täter -aber- auch Opfer-Erfahrung, kommt die Anklage als Kriegsschuld-Relativierer und Verbrechensverdränger. Dürfen sie ihr eigenes Leid nicht annehmen? Selbst wenn sie vor keiner Schuld davonlaufen wollen?

Eine ebenso materialreiche wie angestrengte Dokumentation versucht sich jetzt auf DVD an einem Erinnerungsslalom: „Memphis Belle –Die Wahrheit des Luftkriegs“. Der Bremer Historiker Hermann Pölking hat sich den amerikanischen Dokumentarfilm „Memphis Belle“ des Hollywood-Regisseurs William Wyler („Ben Hur“) von 1944 vorgenommen. Der schildert mit spektakulären, hochgradig manipulierten Aufnahmen den fünfundzwanzigsten Einsatz eines Kampfflugzeugs, das am 15. Mai 1943 Werften und U-Boot-Bunker in Wilhelmshaven bombardierte.

Um die Sicht der Sieger so nicht stehen zu lassen, montierte Pölking nun Aufnahmen mit dem „Blick von unten“ dazwischen: Leben zwischen Trümmern, Sterben in den Flammen, in Wilhelmshaven, Bremen, Lübeck und Rothenburg ob der Tauber. Diese Bilder seien keine Nazi-Propaganda, sagt der Kommentarsprecher, sondern spontane Amateuraufnahmen. Und dann heißt es: „Wir konfrontieren Sie mit einem Film, der gekonnt Propaganda gemacht hat für eine Sache, die eine gute gewesen war“. Gemeint ist William Wylers Film.

Mit äußerster Vorsicht gibt sich diese Dokumentation alle Mühe, keinerlei Ideologie zu teilen: weder die von Wyler, der den Deutschen hier den Einzigartigkeitsvermerk des menschheitlich Bösen erteilt, noch die der Nazis, die an der Heroisierung der zivilen Bombenkriegsopfer in Deutschland arbeiteten. Ein Satz des Kommentators zur Sequenz einer Begräbniszeremonie mit Särgen in Hakenkreuzfahnen bringt das redliche Anliegen auf den Punkt: „Die Zeremonie ist reine Propaganda – die Trauer der Angehörigen ist echt“

Die Auflistung nackter Zahlen am Ende folgt dann aber doch dem Reflex, die Toten gegeneinander aufzurechnen: 600 000 zivile deutsche Luftkriegstote gegen 13,7 Millionen Opfer deutscher Verbrechen im Kriegsverlauf. So viel kostet es, in den Deutschen des Zweiten Weltkriegs auch Menschen zu sehen, statt nur böse Bestien, die alle unterschiedslos den Tod verdient haben.“

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