Mit „UFA in Farbe – Technik, Politik und Starkult zwischen 1936 und 1945“ legen die Autoren Friedemann Beyer, Gert Koshofer und Michael Krüger ein Standardwerk über den farbigen Spielfilm der NS-Zeit vor, dessen umfangreicher Bildteil durch qualitativ hochwertige Drucke besticht. Der Textteil des 288 Seiten starken Buches zeichnet sich durchweg durch angenehm leichte Verständlichkeit aus, so dass die Lektüre auch Lesern ohne Vorkenntnisse empfohlen werden kann.
Friedemann Beyer, ehemaliger Vorstand der Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung, beleuchtet in seinem Beitrag über „Filmstars unterm Hakenkreuz“ die persönlichen Verflechtungen zwischen populären deutschen Filmschauspielern und den Mächtigen des Dritten Reiches. Er schildert darüber hinaus den Widerstreit zwischen den modernen Vermarktungsstrategien der Filmindustrie und ideologischen Gegenpositionen in den Reihen der nationalsozialistischen Partei. Hierbei fällt allenfalls der unnötige Gebrauch einiger amerikanischer Filmschlagworte („type-casting“, „side-kicks“) störend ins Gewicht. Gert Koshofer, Leiter der Sektion Geschichte und Archive der Deutschen Gesellschaft für Photographie, beschreibt in seiner Darstellung die Entwicklung und Einführung des Agfacolor-Farbfilmverfahrens. Darin verzichtet er zugunsten der allgemeinen Lesbarkeit auf technische und chemische Detailinformationen, deren Verständnis Fachkenntnisse voraussetzen würde. Eine Fundgrube selten publizierter Hintergrundinformationen stellt der gemeinsame Beitrag Koshofers und Beyers über die Produktionsgeschichte der Farbspielfilme dar. Abgerundet wird der Band durch einen resümierenden Bericht des Sammlers Michael Krüger, Anmerkungen Friedemann Beyers über den Regisseur Hans H. Zerlett sowie eine ausführliche Filmographie, Quellenangaben und ein Personenregister.
So unverzichtbar der Textteil ist, so macht doch die prächtige Illustrierung den größten Kaufanreiz aus: Neben den originalen (leider unvollständig und in veränderter Reihenfolge abgedruckten) Kinoaushangfotos finden sich erstmals veröffentlichte Farbdias exzellenter Qualität u. a. aus dem Nachlass Zerletts. Die zum Teil notwendig gewordene Farbrestaurierung der Originaldias leistete Prof. Dr. Rudolf Gschwind (Basel).
Die Motivauswahl bei der farbigen Bebilderung von Schwarz-Weiss-Filmen erweckt allerdings den Eindruck, dass politische Filme gemieden wurden: So vermisst man etwa die in den 40ern veröffentlichten Farbportraits von Hans Albers als Carl Peters, Otto Gebühr als Friedrich II., Emil Jannings als Bismarck oder Ferdinand Marian als Jud Süß. Bedauerlich auch, dass bei dem zeitgeschichtlich interessanten Fußballfilm „Das große Spiel“ auf Screenshots zurückgegriffen wurde, statt die Farbfotoserie von den Dreharbeiten aus der Zeitschrift „Der Deutsche Film“ zu reproduzieren.
„UFA in Farbe“ ist beides: ein Liebhaberband für die Freunde des Unterhaltungsfilms der 30er/40er Jahre und zugleich ein Werk, das dieser Ära des deutschen Films neue Anhänger gewinnen wird.
Das Buch ist im Verlag Collection Rolf Heyne erschienen. Es beinhaltet 340 farbige Abbildungen und kostet 58 Euro.
Dirk Alt
In Kürze veröffentlichen wir in unserer Rubrik „Filmgeschichte“ einen Beitrag von Gert Koshofer zum Thema „Die Geschichte des farbigen Schmalfilms in Deutschland“.